Flitzebee
Unser Großvater besaß ein gutgehendes Fahrrad. Er behandelte es wie sein Heiligtum. Durch die Inflation verlor er eine große Geldsumme. Er sagte immer, wenn er sein schwer verdientes Geld in Grundstücke investiert hätte, könnte er sich „Von“ schreiben. So aber ging sein Geld verloren und für den Verlust bekam er eben diesen einfachen Drahtesel. Und dieses Objekt brauchten wir dringend. Unser Schmiedsopa wohnte zwei Minuten von unserem Haus entfernt in einem Doppelhof. Im vorderen Haus wohnte die Beckles Marie mit ihrer Familie. Hinten meine Großeltern. Mit Respekt betraten mein Bruder und ich den Hof der beiden Familien. Wenn wir zu laut wurden, öffnete sich sofort die Haustüre der vorderen Partei. Mit Mut und Beherztheit betraten wir das etwas andere Anwesen. Trotz der erwartenden Abweisung unseres Wunsches, riskierten wir unsere Mission. Wir brauchten ein zweites Fahrrad, sonst musste einer von uns beiden daheim bleiben. Weil wir nur ein Fahrrad zur Verfügung hatten, fragten wir unseren Opa, ob er uns sein Fahrrad ausleihen könnte. Opa strich über seinen Schnurrbart und dann kratzte er sich noch hinter seinen Ohren und murmelte etwas Unverständliches daher. Na meinetwegen könnt ihr mein „Flitzebee“ bekommen. Aber bringt mir mein gutes Rad wieder unversehrt zurück. Erst schob ich das kostbare Gefährt zu seinem Hof hinaus und drehte mich vorsichtshalber nochmal um. Opa begutachtete mich genau, obwohl ich ja sorgfältig mit seinem „Flitzebee“ umging. Vorsichtig stieg ich auf sein Rad und fuhr davon. Bernhard und ich konnten mit unseren Freunden einen Ausflug unternehmen.

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