Großvater Georg war sein Leben lang gesund. Sein immerwährendes  Berufsleben als Dorfschmied konnte man ihm ansehen. Sobald es Sommer wurde, stand er jeden Tag schon vor Sonnenaufgang auf und suchte sich eine Arbeit. Weil er ein paar hundert Meter von uns entfernt wohnte, bekamen wir sein vorzeitiges Werkeln nicht so sehr mit. Ich erinnere mich trotzdem an ein sehr frühes klopfen an unsere noch verschlossene Pforte. Durch das anhaltende trommeln und das Ausrufen seiner dominant klingenden Stimme: „Gall ihr wöllt net austeha?“ „Wollt ihr noch nicht aufstehen?“ „Wie lange wollt ihr denn noch liegen bleiben?“ „Es ist doch schon hell!“ Und das um vier Uhr früh, ausgerechnet in der Ferienzeit. Wir hätten so selig ausschlafen können, da rüttelte uns alle unser Großvater aus dem Schlaf. Er kannte es aus seiner frühesten Jugend nicht anders. Frühmorgens, wenn es noch nicht so heiß war, musste das Getreide mit der Sense gemäht werden. Heute fahren die modernen Mähdrescher erst aufs Feld, wenn die Halme nicht mehr vom Morgentau nass sind. Unser Großvater hatte es dagegen viel schwerer. Gleich nach dem Ersten Weltkrieg starb seine Frau an einer Spanischen Grippe. Jetzt stand er mit drei kleinen Kindern alleine da. Neben seiner Arbeit in der Schmiede versorgte er ein paar Ziegen, eine Kuh mit ihren Kälbchen. Die Stallhasen und die Hühner und Gänse wollten auch versorgt werden. Im Sommer kam die Schnitternte noch dazu. Ein Knochenjob von früh bis spät. Die Bauern im Dorf wollten auch ständig seine Schmiededienste in Anspruch nehmen. Pflugschare mussten gedengelt werden.Dazu  schmiedeeiserne Torkloben anfertigen und viele andere Schmiedearbeiten sollten erledigt werden. Pferde beschlagen, Wagenräder mit Eisenreifen aufgezogen und vieles mehr. So hatte er rund um die Uhr fest zu tun. Als er dann ein zweites Mal heiratete, kamen noch vier Kinder dazu. Dabei schlachtete er seine Hasen und Gänse selber. Sein Obst verarbeitete er zu Hutzeln, damit er und seine Familie im Winter das Dörrobst naschen konnten. Die Kinder mussten natürlich bei allen Arbeiten mithelfen. Der Älteste von seiner zweiten Frau, Kuni, war unser Onkel Karl. Im Zweiten Weltkrieg verlor er sein linkes Bein. Dann kamen Luzie und Alois.  Der Jüngste von all seinen Kindern war unser Vater Josef.



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