Hitze.
Nach einem nassen Frühjahr wachsen in der Natur alle Pflanzen kräftig. Sobald die Sonne das Erdreich immer mehr aufwärmt, ist das Wachstum fast schon mit bloßem Auge zu sehen. Bei den ausgesäten Rüben war es in den Monaten Mai und Juni am stärksten zu entdecken. Dieses Phänomen ist allerdings nicht nur zur Freude der Landwirte zu bemerken. Neben den Nutzpflanzen wächst auch das Unkraut um die Wette. Es entsteht regelrecht ein Futterneid. In den 70er Jahren wurde bei uns in der Au noch konventionell mit der Hacke und per Hand dem Unkraut zu Leibe gerückt. Da waren die Bauern für jede Hilfe dankbar. Mali, eine gute Bekannte unserer Familie, kam zum Brachen. Wir beide Amalie, wie sie sich schrieb, und ich sollte das Feld unkrautfrei bearbeiten. Mali war ungefähr 60 Jahre alt und ich war so 16 Jahre alt. Mit dem Traktor wurden wir zum Ort des Geschehens gefahren. Ausgerüstet mit unseren Hacken und je einer Flasche Limonade sowie einer Brotzeit kamen wir an. Gleich neben dem Main flussaufwärts Richtung Osten war unser Rübenacker zu sehen. Viel Grün war zu sehen. Das Feld war übersät mit Unkraut. In den ausgesäten Rüben Reihen waren die wichtigen eigentlichen Pflänzchen gar nicht mehr zu erkennen. Das schaffen wir heute nie, dachten wir beide und feuerten uns dennoch gegenseitig an. Einmal die Reihe hochhacken und die nächste Reihe wieder retour. Wieder ein paar Schlucke Limo trinken. Nach zwei Stunden war nicht viel von unserer Arbeit zu sehen. Jetzt erst mal Pause machen. Am Feldrand Platz nehmen, Brot und Käse essen und wieder ein paar Schlucke trinken. Die Trinkflaschen leerten sich und die Hitze nahm zu. Lange ausruhen durften wir uns nicht. Wer rastet, der rostet. Weiter dranbleiben, wenn wir vorwärts kommen wollten. Nach dem nächsten „turn around“ klebte nicht nur meine Zunge am Gaumen. Mali wurde es schon schummrig. Ich brauche was zum Trinken, sonst falle ich um, sagte sie. Neben uns sah es nach Hoffnung aus. Der Main floss mit viel Wasser Richtung Westen. Malis Durst war so groß, dass sie ihre leere Trinkflasche nahm und die Böschung zum Fluss hinunter stieg, um Wasser zu holen. Sie kam tatsächlich mit einer vollen Flasche zum Feld zurück. Mir ist es jetzt egal, mein Körper braucht Flüssigkeit, erklärte sie mir. Mali setzte an und trank die braune Brühe. Ich konnte so ein ungereinigtes Wasser nicht trinken. Bis zum Abend litt ich Durst und lernte aus der Geschichte, dass es im Sommer wichtig ist, genügend Wasser dabeizuhaben. Mali vertrug das schmutzige Wasser und durfte noch einige Jahrzehnte gesund weiterleben.

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