Vetter Gottfried.
Vetter Gottfried verdiente den Lebensunterhalt für seine Familie und sich als Maurer. Er mauerte zusammen mit anderen Maurern bei der Firma Mölter in Haßfurt den imposanten Industriekamin in die Höhe. Gottfried war schwindelfrei und verstand sein Handwerk bestens. Sein Haus baute er selbst und unterstützte auch seine Verwandtschaft in seinem Handwerk. Nachdem er in Rente ging, mauerte er noch weiter. Bei uns zog er an einem neuen Nebengebäude den Giebel hoch. Er war ein lebenslustiger Typ. Voller Schwung zog er Reihe um Reihe höher. Dabei verwendete er spezielle Ausdrücke. Wenn er auf dem Gerüst stand und wir ihm die passenden Steine hinlangen mussten, sagte er: „Jetzt brauche ich ein paar Halbschüh“ Damit meinte er halbgroße Steine, die er für sein Mauerwerk brauchte. Genau nach Maß sparte er die Öffnung des vorgesehenen Fensters aus. Könnt ihr zur Brotzeit in die Küche kommen, rief unsere Großmutter. Es dauert noch etwa zwei Lagen, dann können wir gerne kommen. Er mauerte so lange bis sein frischer Mörtel aufgebraucht war. Gottfried stieg dann vom Gerüst und richtete seinen nicht mehr so jungen Körper auf. Am Tisch freuten wir uns auf eine kurze Pause und genossen die fränkische Brotzeit mit Hausmacher, Preßsack und sauren Gurken. Dazu gab es frisch gebackenes Brot. Bevor unsere Oma den Laib anschnitt, segnete sie erst das Brot und wünschte uns einen guten Appetit. Gottfried hatte allerdings auch noch einen in Pergamentpapier eingewickelten Käse dabei. Der war schon zerlaufen und roch stark nach alten Käse. „Der Kas muß lebendig sei“ sagte er lächelnd und ließ sich den verschimmelten Käse dennoch schmecken. Dann nahm er einen Schluck Bier und wir alle hörten von draußen einen gewaltigen Schlag. Wir stürmten zur Haustüre und was mussten wir feststellen? Die gerade erst hochgezogene Mauer kippte um und landete im darunter liegenden Misthaufen. „Da schmeckt einem die beste Brotzeit nicht mehr", sagte Gottfried. Einen Augenblick später meinte er mit verschmitzten Gesicht, dann müssen wir halt von neuem beginnen. Mädla, was greinst, gschen is gschen.

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